Auswärtsspiel in Stuttgart
Am zweiten Spieltag musste unsere Erste bei den Stuttgarter Schachfreunden antreten, dem letztjährigen Absteiger aus der Landesliga. Ohne Zukri und Artur musste ich an Brett 2 mit Schwarz ran und hatte leider keinen guten Start. In geschlossener Eröffnung hatte ich die Idee, noch vor der Rochade die weißfeldrigen Läufer auf a6 zu tauschen – kein guter Plan, wie sich schnell herausstellte. Die weiße Stellung spielte sich nun von allein – die weiße Dame konnte eindringen. Um ein Einsitzen des Springers auf d6 zu verhindern, ging ein erster Bauer verloren. Nach mehreren forcierten Abtauschen landeten wir schon nach 20 Zügen in einem für mich schlechten Turmendspiel, in dem ich den nächsten Bauern nicht mehr verteidigen konnte. Da ich zudem meine passiven Türme nicht aktivieren und meinen Springer aus der Fesselung befreien konnte und alle meine Figuren damit mehr oder minder gelähmt waren, wollte ich mir den Rest nicht mehr zeigen lassen und streckte die Waffen. So konnte ich wenigstens die anderen Partien ungestört verfolgen.
Gleb an Brett 3 hatte nach einer französischen Eröffnung eine ausgeglichene Stellung. Sein Gegner bot schon im 5. Zug remis an und war nunmehr darauf aus, nach Möglichkeit sämtliche Figuren abzutauschen. Als sich fast nur noch Schwerfiguren auf dem Brett befanden und der Gegner sein Remisangebot erneuerte, willigte Gleb mit schlechterer Zeit schließlich ein. Tatsächlich erschien mir inzwischen auch die weiße Stellung, wenn auch objektiv ausgeglichen, etwas unangenehmer zu spielen. Mangels Gewinn versprechender Fortsetzungen und angesichts sich anbahnender Zeitnot die richtige Entscheidung.
Auch Manuel am Spitzenbrett kam nicht gut aus der Eröffnung und schnell fiel ein Bauer auf c4. Als der starke Gegner sich nach einem merkwürdig aussehenden Springerzug von Manuel auf b2 den zweiten Bauern einverleibte, hoffte ich kurz auf eine Falle. Plante Manuel etwa, mit seinen Springern auf c2 und c3 durch einen Läuferzug nach d4 die schwarze Dame zu fangen? Nein – plante er nicht und es hätte, wie unsere spätere Analyse zeigte, auch einen rettenden schwarzen Springerzug gegeben. Die weiße Stellung wurde dann Zusehens aussichtsloser und war nach weiterem Materialverlust nicht mehr zu halten.
Die Partie des Tages gelang Stephan an Brett 4. Seine junge und noch DWZ-ungewertete Gegnerin mit Weiß spielte unerwartet couragiert und ließ ihren König einfach in der Brettmitte stehen, um mit g- und h-Bauern gegen die fianchettierte schwarze Königsstellung vorzurücken. Stephan blieb davon unbeeindruckt und eroberte in der Brettmitte einen Bauern, was wiederum nicht ganz ungefährlich aussah, verschaffte es doch der Gegnerin Zeit, ihren Angriff auf seinen König voranzubringen. Von da an spielten beide Seiten mit offenem Visier. Die Stellung war unübersichtlich, es wimmelte nur so von Taktiken. Der schwarze König stand nur noch zwei Züge vor dem Matt, doch Stephan hatte sehr genau gerechnet und konnte seinerseits mit der Dame in die gegnerische Stellung eindringen und den unrochierten weißen König heraustreiben, der sich dann aber in Richtung des rettenden Damenflügels auf den Weg machte. Mehr als nur einmal Herzstillstandsmomente, aber Stephan fand immer wieder forcierte Züge, die seine Gegnerin daran hinderten, seinen entblößten König auf der h-Linie matt zu setzen. Mit einer Kreuzfesselung des gegnerischen Turms, der nach einem Abzug seine Dame bedrohte, an den zwischenzeitlich auf die c-Linie geflüchteten König konnte er Material gewinnen und schließlich in einer Kombi mit Springergabel den Damentausch erzwingen und so die Mattdrohung seiner Gegnerin bannen, was diese angesichts weiteren drohenden Materialverlusts zur Aufgabe zwang. Ein sehenswertes Spiel, für das alleine sich das Aufstehen gelohnt hatte.
Mit der jüngeren Schwester von Stephan Gegnerin hatte es Mahdi an Brett 5 zu tun. Auch diese spielte mutig und mit Übersicht. Bei heterogenen Rochaden sah es zunächst nach Vorteilen für Mahdi aus. Seine Bauern rückten am Damenflügel zum Angriff vor und der weißfeldrige Läufer schielte in die Königsstellung seiner Gegnerin. Nachdem es dieser aber gelang, die Bauernstruktur festzulegen, gab es kein Durchkommen mehr. Die Drohungen verflachten und erst ging ein vorgerückter Bauer, dann ein weiterer verloren, sodass Mahdi schließlich das Nachsehen hatte.
An Brett 6 hatte Finn eine Partie, in der lange Zeit viel Material auf dem Brett blieb und sich in geschlossener Stellung keine Seite große Vorteile erarbeiten konnte. Nachdem das Mannschaftsergebnis feststand willigten die Kontrahenten dann in ein Remis ein.
Schade, 2:4 aus unserer Sicht. Etwas mehr wäre vielleicht drin gewesen, der Sieg unserer Gegner war aber alles in allem nicht unverdient. Hoffen wir, dass es bei den nächsten Begegnungen besser läuft. (Stefan Urlichs)